Quelle: Microsoft Encarta 97

 

Ägypten, amtlich Arabische Republik Ägypten (zwischen 1958 und 1971 Vereinigte Arabische Republik), Republik im Nordosten Afrikas (einschließlich der Halbinsel Sinai im Nahen Osten). Ägypten wird im Norden begrenzt durch das Mittelmeer, im Osten grenzt es an Israel und das Rote Meer, im Süden an den Sudan und im Westen an Libyen. Die größten Abmessungen des Staates betragen in Nordsüdrichtung etwa 1 085 Kilometer und im Süden des Staates in Ostwestrichtung etwa 1 255 Kilometer. Die Gesamtfläche beträgt etwa 997 738 Quadratkilometer. Die Hauptstadt ist Kairo.

Das ägyptische Niltal gilt als die Wiege einer der am höchsten entwickelten Kulturen des Altertums, deren Geschichte sich über historische Quellen bis etwa 3200 v. Chr. zurückverfolgen läßt. Die folgenden Abschnitte beziehen sich ausschließlich auf das moderne Ägypten. Der historische Teil deckt dagegen die Geschichte Ägyptens von seinen Anfängen ab. Dazu gehören die dynastische Zeit (3200-343 v. Chr.), die griechische Zeit (332-30 v. Chr., die Zeit der römischen und byzantinischen Herrschaft (30 v. Chr. bis 638 n. Chr.), das Kalifat und die Mameluckenherrschaft (642-1517), die Türkenherrschaft (1082-1882), der britische Kolonialismus (1882-1952) sowie das moderne, unabhängige Ägypten ab 1952.

Land

 

 

 

Weniger als zehn Prozent der Staatsfläche Ägyptens sind besiedelt oder werden landwirtschaftlich genutzt. Bei diesen Gebieten handelt es sich um das Niltal, das Nildelta sowie verschiedene Oasen. Mehr als 90 Prozent des Landes bestehen aus Wüstengebieten; dazu gehören die Libysche Wüste im Westen, ein Teil der Sahara sowie die Arabische Wüste (auch als Östliche Wüste bezeichnet), die im Osten durch das Rote Meer und den Golf von Suez begrenzt wird. Bei der Libyschen Wüste (auch als Westliche Wüste bezeichnet) handelt es sich um eine ausgedehnte Sandwüste, die als „Großes Sandmeer“ bezeichnet wird. Hier befinden sich mehrere Senken, die unterhalb des Meeresspiegels liegen. Dazu gehört die Kattarasenke mit einer Fläche von etwa 18 100 Quadratkilometern, die 133 Meter unter Meereshöhe liegt und damit der tiefste Punkt des afrikanischen Kontinents ist. Hier liegen auch die Oasen Siwa, El Kharga, El Bahariya, Farafra und Dakhlah. Der größte Teil der Arabischen Wüste gehört zu einem Plateau, das allmählich vom Nil aus nach Osten hin ansteigt und schließlich eine Höhe von etwa 610 Metern erreicht. Die zerklüfteten Gipfel am Roten Meer erreichen sogar eine Höhe von etwa 2 135 Meter über dem Meeresspiegel. Im äußersten Süden, an der Grenze zum Sudan, erstreckt sich die Nubische Wüste, eine ausgedehnte Sandwüste. Auch im Norden der Sinai-Halbinsel findet man eine Sandwüste, im Süden erhebt sich ein Gebirge 2 135 Meter über dem Meeresspiegel. Auf der Sinai-Halbinsel befindet sich mit Djebel Katerina (2 642 Meter) die höchste Erhebung in Ägypten, auch der Berg Sinai liegt auf dieser Halbinsel, wo laut Altem Testament Moses die Zehn Gebote in Empfang nahm.

Flüsse und Seen

Der Nil durchfließt Ägypten vom Sudan kommend auf einer Länge von etwa 1 545 Kilometer in nördliche Richtung bis zu seiner Mündung ins Mittelmeer. Von der Südgrenze bis nach Kairo fließt der Nil durch ein enges und steil abfallendes Tal. An der Grenze zum Sudan liegt der Nassersee, der sich durch den Bau des Assuan-Hochdammes gebildet hat. Der See ist etwa 480 Kilometer lang und maximal 16 Kilometer breit. Etwa zwei Drittel des Sees liegen auf ägyptischem Staatsgebiet. Südlich der Stadt Idfu ist das Niltal kaum mehr als drei Kilometer breit, zwischen Idfu und Kairo etwa 23 Kilometer. Der Großteil der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche befindet sich am Westufer des Flusses. Nordwestlich von Kairo geht das Tal in ein Delta über – eine fächerförmige Ebene –, das am Mittelmeer etwa 250 Kilometer breit ist. Durch den vom Rosette-Nil (arabisch Raschid), den Damiette-Nil (arabisch Dumjat) und anderen Flußarmen abgelagerten Schlamm ist diese Region die fruchtbarste des Landes. Durch den Assuan-Hochdamm wurde die Abflußmenge des Nils jedoch so weit herabgesetzt, daß im küstennahen Deltagebiet die Gefahr der Versalzung des Bodens durch Meerwasser besteht. In der Nähe der Küste befinden sich im Deltagebiet vier flache Brackwasserseen. Ein weiterer größerer See, Birkat Qarun, liegt in der Wüste im Landesinneren nördlich der Stadt El Faiyum. Geographisch läßt sich das Niltal in zwei Regionen einteilen: Oberägypten und Unterägypten. Mit Oberägypten wird das Deltagebiet bezeichnet, mit Unterägypten das Niltal südlich von Kairo.

Die Länge der ägyptischen Meeresküsten beträgt zwar etwa 2 900 Kilometer, – zwei Drittel davon am Roten Meer –, die zur Anlage von Häfen geeigneten Buchten beschränken sich aber auf das Deltagebiet. Die Landenge von Suez, die die Sinai-Halbinsel mit dem afrikanischen Festland verbindet, wird vom Suezkanal durchschnitten, der das Mittelmeer mit dem Golf von Suez verbindet.

Klima

 

Das Klima in Ägypten wird von einer heißen Jahreszeit zwischen Mai und September und einer kühlen Jahreszeit von November bis März bestimmt. Vorherrschende Nordwinde sorgen dafür, daß es in beiden Jahreszeiten kaum zu Extremtemperaturen kommt. In der Küstenregion liegen die Temperaturen zwischen einem durchschnittlichen Höchstwert von 37,2 °C und einem durchschnittlichen Tiefstwert von 13,9 °C. In den Wüstengebieten kann es zu extremen Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht kommen: von einem durchschnittlichen Jahreshöchstwert von 45,6 °C während des Tages zu einem durchschnittlichen Jahrestiefstwert von 5,6 °C nach Einbruch der Dunkelheit. Während des Winters fallen die Temperaturen in der Wüste oft auf Temperaturen um 0 °C. Die niederschlagsreichsten Gebiete befinden sich an der Mittelmeerküste, wo die jährliche Niederschlagsmenge etwa bei 200 Millimetern liegt. Weiter nach Süden hin nimmt die Niederschlagsmenge rasch ab, in Kairo beträgt sie nur mehr etwa 28 Millimeter pro Jahr, und in vielen Wüstengebieten kommt es nur alle paar Jahre zu Niederschlägen.

Flora und Fauna

Die Vegetation beschränkt sich in Ägypten vorwiegend auf das Nildelta, das Niltal und die Oasen. Die verbreitetste Baumart ist die Dattelpalme. Zu den wenigen einheimischen Baumarten gehören ferner Maulbeerbaum, Tamariske, Akazie und Johannisbrotbaum. Daneben wurden jedoch Baumarten eingeführt, die ursprünglich nicht in Ägypten beheimatet waren. Dazu gehören Zypresse, Ulme, Eukalyptus, Mimose, Myrte sowie verschiedene Obstbäume. Auf den Schwemmböden insbesondere des Deltagebiets findet sich eine vielfältige Flora, dazu gehören Wein und vielerlei Gemüse sowie Blumen (z. B. Lotos, Jasmin, Rose). In den Trockengebieten finden sich in der Regel Halfagras und verschiedene Dornstraucharten. Die einst am Nilufer vorherrschende Papyrusstaude findet sich heute nur mehr im äußersten Süden des Landes.

Wegen des trockenen Klimas gibt es in Ägypten nur wenige einheimische Wildtierarten. Während man in den Wüstengebieten vor allem Gazellen findet, sind Wüstenfuchs, Hyäne, Schakal, wilder Esel, Wildschwein, Wüstenspringmaus und Mungo vor allem im Deltagebiet sowie in den Bergen entlang des Roten Meeres zu Hause. Die während des Altertums noch häufigen Krokodile und Nilpferde gibt es heute nur noch am Oberen Nil. Insbesondere im Nildelta und im Niltal gibt es eine große Artenvielfalt an Vögeln. In Ägypten sind etwa 300 Vogelarten zu Hause. Dazu gehören Nektarvogel, Goldamsel, Silberreiher, Wiedehopf, Regenpfeifer, Pelikan, Flamingo, Reiher, Storch, Wachtel und Schnepfe. Zu den heimischen Greifvögeln gehören Adler, Falke, Geier, Eule, Milan und Bussard. Im Nil und den Seen des Deltagebiets leben etwa 100 verschiedene Fischarten.

Bevölkerung

 

 

 

Die meisten Ägypter stammen von der einheimischen prämuslimischen Bevölkerung (den alten Ägyptern) und den Arabern ab, die das Gebiet im 7. Jahrhundert n. Chr. eroberten. Daneben finden sich insbesondere in Unterägypten Elemente anderer Eroberervölker wie der Griechen, Römer und Türken. Aufgrund dieser Bevölkerungsmischung weisen die Bewohner des Niltales andere Merkmale auf als die anderen Mittelmeervölker der Region. Das Volk der Nubier bildet eine bedeutende Minderheit in Ägypten. Sie lebten Jahrtausende in Dörfern im mittleren Niltal, im Südosten des heutigen Ägypten und im Norden des heutigen Sudan. Durch die Bildung des Nassersees wurden jedoch viele ihrer Siedlungen überschwemmt. Etwa 49 Prozent der ägyptischen Bevölkerung lebt in Städten. Einige nomadische und halbnomadische Hirtenvölker, insbesondere die Beduinen, leben weiterhin in den Wüstengebieten.

Die Bevölkerungszahl betrug 1995 etwa 58 873 000 Einwohner. Fast 99 Prozent der Bevölkerung konzentrieren sich auf das Gebiet des Niltales, das aber nur weniger als vier Prozent des gesamten Staatsgebiets umfaßt. Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte liegt bei 58 Einwohnern pro Quadratkilometer (im Kulturland aber bei 1 683). Die Bevölkerung Ägyptens wächst rasch an, zu Beginn der neunziger Jahre lag die geschätzte Wachstumsrate bei dem relativ hohen Wert von 2,3 Prozent. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt bei Männern 59 Jahre, bei Frauen 60 Jahre.

Wichtige Städte

Die Hauptstadt des Landes ist Kairo mit einer Bevölkerung von etwa 6 452 000 Einwohnern (1992). Zu den weiteren bedeutenden Städten gehören (Bevölkerungszahlen von 1992): Alexandria (2 917 300), die wichtigste Hafenstadt, Gise, ein Industriezentrum in der Nähe von Kairo (1 670 800), Port Said an der Mittelmeereinfahrt in den Suezkanal (399 000) und Suez, die Stadt am Südende des Kanals (392 000).

Sprache

Die Amtssprache ist Arabisch. In einigen Oasendörfern im Westen werden auch Berbersprachen gesprochen. Angehörige der gebildeten Schicht sprechen oft Englisch oder Französisch als Zweitsprache.

Religion

 

Der Islam ist Staatsreligion. Etwa 90 Prozent der Ägypter sind sunnitische Muslime. Nach den offiziellen ägyptischen Schätzungen stellen die christlichen Kopten mit weniger als drei Millionen Gläubigen die größte religiöse Minderheit; die koptische Kirche selbst gibt die Zahl ihrer Mitglieder mit sieben Millionen an. Weniger als ein Prozent der Bevölkerung gehört der griechisch-orthodoxen Kirche, der katholischen Kirche, der armenischen Kirche und verschiedenen protestantischen Kirchen an. Daneben gibt es eine kleine jüdische Gemeinde.

 

 

Geschichte

 

Die Ursprünge der altägyptischen Kultur lassen sich nicht mit Sicherheit angeben. Archäologische Funde weisen darauf hin, daß die frühen Bewohner des Niltales von den Kulturen Vorderasiens abstammen. Wenn man die Entwicklung der ägyptischen Kultur und ihrer Grundlagen beschreiben möchte, ist man größtenteils auf archäologische Funde wie Ruinen, Gräber und Monumente angewiesen. Hieroglypheninschriften haben wertvolle Informationen geliefert.

Die Grundlage für das Studium der dynastischen Zeit der ägyptischen Geschichte zwischen der 1. Dynastie und der ptolemäischen Zeit bildet die Aegyptiaca von Manetho. Dabei handelt es sich um einen ptolemäischen Priester aus dem 3. Jahrhundert vor Christus, der die Herrscher des Landes in 30 Dynastien einteilte, die in etwa den jeweiligen Herrscherfamilien entsprechen. Einigkeit herrscht im allgemeinen über die Einteilung der ägyptischen Geschichte bis zu den Eroberungen von Alexander dem Großen: das Alte, das Mittlere und das Neue Reich mit den entsprechenden Zwischenzeiten, gefolgt von der Spätzeit und der ptolemäischen Zeit.

Vorzeit

Seit etwa 60 000 Jahren tritt der Nil alljährlich über die Ufer und hinterläßt fruchtbares Schwemmland. Die Gebiete in der Nähe der Überschwemmungsebene wurden eine wichtige Wasser- und Nahrungsmittelquelle. Mit der Zeit schränkten Klimawechsel und längere Trockenzeiten das Siedlungsgebiet immer weiter auf das Niltal ein. Vom Chalkolithikum (die Kupferzeit, die etwa 4000 v. Chr. begann) bis zum Beginn des Alten Reiches nutzten die Menschen offenbar weitere Landstriche über das Niltal hinaus.

Im 7. Jahrtausend v. Chr. herrschten in Ägypten angenehme klimatische Bedingungen; in den Wüstengebieten Oberägyptens und Unterägyptens wurden Siedlungen aus dieser Zeit gefunden. Auch in der Nubischen Wüste im heutigen Sudan wurden ähnliche Siedlungsreste gefunden. Anhand der in Gräbern gefundenen Keramik aus dem 4. Jahrtausend v. Chr. (der prädynastischen Zeit) läßt sich eine relativ stimmige zeitliche Abfolge rekonstruieren. Die prädynastische Zeit wird eingeleitet durch die Einigung des Landes unter einem König. Sie wird im allgemeinen in drei Abschnitte unterteilt, die sich jeweils auf den Fundort bedeutenden archäologischen Materials beziehen: Badari, Amrati (Negade I) und Gerze (Negade II und III). In den nördlichen Ausgrabungsstätten (aus der Zeit um etwa 5500 v. Chr.) wurde datierbares archäologisches Material zutage gefördert, das auf eine gewisse kulturelle Kontinuität schließen läßt.

Frühe dynastische Zeit (Vorzeit)

Archäologische Funde deuten darauf hin, daß gegen Ende der gerzeanischen Zeit (etwa 3200 v. Chr.) eine beherrschende politische Macht aufkam, die das erste vereinigte Reich des alten Ägypten errichtete. Die frühesten bekannten Inschriften in Hieroglyphenform stammen aus dieser Zeit, auf den Monumenten aus dieser Zeit finden sich die Namen der ersten Herrscher. Diese Zeit begann mit der Dynastie 0, repräsentiert durch 13 Herrscher, sie endete mit König Narmer (etwa 3100 v. Chr.). Darauf folgten die 1. und die 2. Dynastie (etwa 3100-2755 v. Chr.) mit mindestens 17 Königen. Während der 1. und 2. Dynastie wurden auch die ersten gewaltigen Begräbnisanlagen (Vorläufer der Pyramiden) in Sakkara und Abydos angelegt.

Altes Reich

 

Das Alte Reich (etwa 2755-2255 v. Chr.) umfaßte fünf Jahrhunderte, von der 3. bis zur 6. Dynastie. Die Hauptstadt war Memphis im Norden. Die Herrscher standen an der Spitze eines streng organisierten Beamtenstaates. Eine wichtige Rolle spielte die Religion, wie sie durch die ägyptische Mythologie überliefert ist. Die Staatsform war eine Theokratie, in der die Pharaonen, wie die Herrscher genannt wurden, sowohl absolute weltliche Herrscher waren als auch als Götter verehrt wurden.

Goldenes Zeitalter

 

 

Die 3. Dynastie wurde repräsentiert durch das Haus Memphis, dessen zweiter Herrscher Djoser (Regierungszeit etwa 2737-2717 v. Chr.) den Bestand der nationalen Einheit in den Vordergrund rückte. Sein Architekt Imhotep verwendete Steinblöcke statt der traditionellen Lehmziegel und gestaltete damit den ersten monumentalen Steinbau. Dessen zentrales Element, die Stufenpramide, war Djosers Grab. Zur Regelung der Staatsangelegenheiten und der Bauprojekte entwickelte der König eine effektive Bürokratie. Eine kulturelle Blütezeit begann.

Die 4. Dynastie begann mit König Snofru, zu dessen Bauprojekten die ersten Pyramiden in Dahschur (südlich von Sakkara) gehörten. Snofru war der erste Kriegerkönig, über den umfangreiche Dokumente erhalten sind, er führte Feldzüge in Nubien und Libyen sowie auf der Halbinsel Sinai. Durch die Förderung von Handel und Bergbau vergrößerte sich der Wohlstand im Reich. Der Nachfolger Snofrus war sein Sohn Khufu (oder Cheops), der die Große Pyramide in Gise erbauen ließ. Obwohl von seiner Regierungszeit kaum etwas bekannt ist, legt dieses Bauwerk nicht nur Zeugnis von seiner Macht ab, sondern beweist auch die Effektivität der Verwaltung. Khufus Sohn Redjedef, der etwa von 2613 bis 2603 v. Chr. regierte, führte das Sonnensymbol (Ra oder Re) in den königlichen Titel und die Religion ein. Khafre (oder Chephren), ein weiterer Sohn Khufus, folgte seinem Bruder auf dem Thron und ließ in Gise eine Nekropole erbauen. Zu den weiteren Herrschern der Dynastie gehörte Menkaure (oder Mykerinos), dessen Regierungszeit auf etwa 2578-2553 v. Chr. datiert wird. Er ist insbesondere durch die kleinste der drei großen Pyramiden in Gise bekannt.

Unter der 4. Dynastie gelangte die ägyptische Kultur zu ihrer Blütezeit, die sich auch noch auf die 5. und 6. Dynastie erstreckte. Die hervorragenden Leistungen auf dem Gebiet der Baukunst wurden durch Fortschritte auf fast allen anderen Gebieten ergänzt: in der Architektur, der Bildhauerei, der Malerei, der Navigation, des Kunsthandwerkes und der Wissenschaft sowie der Astronomie. Astronomen der Memphis-Dynastie entwickelten den ersten Sonnenkalender, der das Jahr in 365 Tage einteilte. Die Ärzte des Alten Reiches verfügten auch über beträchtliche medizinische Kenntnisse und chirurgische Fähigkeiten.

Beginn des Niedergangs

Auch wenn in der 5. Dynastie der Wohlstand durch extensiven Außenhandel und militärische Vorstöße nach Asien gewahrt bleiben konnte, wurde die Abnahme der königlichen Macht durch übermäßige Bürokratisierung und Machtzuwachs der nichtköniglichen Verwalter offenkundig. In den Grabkammern des letzten Königs dieser Dynastie in Sakkra, Unas (2428-2407 v. Chr.), fand man Zauberformeln, die in die Wände eingemeißelt wurden. Derartige Texte fand man auch in den Königsgräbern der 6. Dynastie. Mehrere Inschriften von Beamten der 6. Dynastie weisen auf den abnehmenden Einfluß der Monarchie hin, es gibt sogar Anzeichen für eine Konspiration gegen König Pepi I. (Regierungszeit etwa 2395-2360 v. Chr.), an der seine Gemahlin beteiligt war. Man nimmt an, daß in den letzten Regierungsjahren von Pepi II. (Regierungszeit etwa 2350-2260 v. Chr.) die Macht in den Händen eines Ministers lag. Die zentrale Gewalt über die Wirtschaft wurde durch die Gewährung von Steuerbefreiungen untergraben. Die Nomes (Bezirke) wurden rasch mächtiger, als die Nomarchs (Statthalter) nicht mehr länger von Zeit zu Zeit in verschiedene Nomes versetzt wurden.

Erste Zwischenzeit

 

 

Die 7. Dynastie markiert den Beginn der Ersten Zwischenzeit. Da es in dieser Zeit zu sozialen Unruhen kam, weiß man über die 7. und 8. Dynastie sehr wenig. Sicher ist nur, daß beide Dynastien, die in Memphis ihren Regierungssitz hatten, nur etwa 25 Jahre Bestand hatten. Zu dieser Zeit hatten die mächtigen Nomarchen ihre Bezirke fest unter Kontrolle, und Splittergruppen aus dem Norden und Süden rangen um die Macht. Wähend der Herakleopolitenzeit (9. und 10. Dynastie) weiteten die Nomarchen nahe Herakleopolis ihre Macht nach Norden hin bis nach Memphis (sogar bis in das Nildelta) und im Süden nach Asyut (Lycopolis) aus. Die rivalisierenden Nomarchen aus Theben errichteten die 11. Dynastie, indem sie das Gebiet von Abydos bis Elephantine in der Nähe von Syene (dem heutigen Assuan) kontrollierten. Der erste Teil dieser Dynastie – die erste des Mittleren Reiches – überschneidet sich mit dem letzten Teil der 10. Dynastie.

Mittleres Reich

 

Ohne Zentralregierung war die Verwaltung nicht mehr effektiv, und die einzelnen Regionen verfolgten ihre eigenen Ziele. Die ägyptische Kunst wurde regionaler, und es wurden keine größeren Nekropolen mehr angelegt. Auch die Religion wurde demokratisiert, da die Bürger Privilegien beanspruchten, die bislang allein dem Monarchen vorbehalten waren. So konnten sie beispielsweise Zauberformeln, die von den königlichen Pyramidentexten abgeleitet waren, auf ihren eigenen Särgen und Gräbern anbringen.

Wiedervereinigung

Zwar schließt das Mittlere Reich (2134-1784 v. Chr.) die gesamte 11. Dynastie mit ein, genau genommen beginnt es aber erst mit der Wiedervereinigung des Landes unter Mentuhotep II. (Regierungszeit 2061-2010 v. Chr.). Die ersten Herrscher dieser Dynastie versuchten, ihre Kontrolle von Theben aus sowohl nach Norden als auch nach Süden auszudehnen, aber es sollte schließlich Mentuhotep überlassen bleiben, den Wiedervereinigungsprozeß etwa um 2047 v. Chr. abzuschließen. Mentuhotep regierte mehr als 50 Jahre lang und konnte trotz gelegentlicher Aufstände das ganze Reich unter Kontrolle halten. Er ersetzte einige Nomarchen und beschnitt die noch immer beträchtliche Macht der Nomes. Die Hauptstadt war Theben, und sein Grabtempel in Deir el Bahri enthielt sowohl traditionelle als auch regionale Elemente.

Die Regierungszeit des ersten Königs der 12. Dynastie, Amenemhet I., verlief friedlich. Er errichtete seine Hauptstadt in der Nähe von Memphis und stellte im Gegensatz zu Mentuhotep seine Verbindung zu Theben zugunsten der nationalen Einheit in den Hintergrund. Dennoch behielt der wichtige thebanische Gott Amun die Vorherrschaft gegenüber den anderen Gottheiten. Amenemhet forderte Loyalität von den Nomes, baute die Verwaltung wieder auf und förderte die Ausbildung von Schriftgelehrten und Verwaltungsbeamten. Während der letzten zehn Jahre seiner Regierungszeit herrschte Amenemhet zusammen mit seinem Sohn. In der zeitgenössischen Erzählung „Die Geschichte von Sinuhe“ wird darauf angespielt, daß der König ermordet wurde.

Amenemhets Nachfolger führten seine Programme fort. Sein Sohn Sesostris I.(Regierungszeit 1962-1928 v. Chr.) legte in ganz Nubien Festungen an und förderte den Handel mit anderen Ländern. Er schickte Gouverneure nach Palästina und Syrien und führte im Westen Krieg gegen die Libyer. Sesostris II. (Regierungszeit 1895-1878 v. Chr.) beanspruchte Land im Gebiet von El Faiyum. Sein Nachfolger Sesostris III. (Regierungszeit 1878-1843 v. Chr.) ließ einen Kanal am ersten Nilkatarakt graben, stellte ein stehendes Heer auf (das er gegen die Nubier einsetzte) und baute neue Festungen an der Südgrenze. Er teilte die Verwaltung in drei mächtige geographische Einheiten ein, die jeweils von einem dem Wesir unterstehenden Beamtenstab kontrolliert wurden, und weigerte sich, die Provinzadeligen anzuerkennen. Amenemhet III. führte die Politik seiner Vorgänger fort und weitete die Landreform aus.

Unter den thebanischen Königen erfolgte eine kulturelle Renaissance. Architektur, Kunst und Schmuck dieser Zeit weisen ein außergewöhnlich hohes Maß an Kunstfertigkeit auf; zudem gilt diese Periode als das goldene Zeitalter der ägyptischen Literatur.

Zweite Zwischenzeit

Die Herrscher der 13. Dynastie – etwa 50 im Lauf von 120 Jahren – waren zwar schwächer als ihre Vorgänger, konnten aber dennoch die Kontrolle über Nubien und die Verwaltung der Zentralregierung aufrechterhalten. Am Ende ihrer Herrschaft wurde ihre Macht aber nicht nur durch die rivalisierende 14. Dynastie herausgefordert, die die Kontrolle über das Deltagebiet übernahm, sondern auch von den aus dem westlichen Asien kommenden Hyksos. Zu Beginn der 13. Dynastie gab es eine große Hyksos-Bevölkerung in Nordägypten. Als die Zentralregierung immer schwächer wurde, ermöglichte ihre Anwesenheit die Zuwanderung von Völkern der Küste Phönikiens und Palästinas und die Errichtung einer Hyksos-Dynastie. Mit dieser wird der Beginn der Zweiten Zwischenzeit markiert, eine Phase der Unruhe und Uneinigkeit, die etwa 215 Jahre anhielt. Die Hyksos der 15. Dynastie regierten von ihrer im östlichen Delta gelegenen Hauptstadt Avaris aus und behielten dabei die Kontrolle über die mittleren und nördlichen Teile des Landes. Zur selben Zeit existierte im Deltagebiet und in Mittelägypten bereits die 16. Dynastie, die aber vermutlich von den Hyksos abhängig war. Unabhängig davon gab es eine dritte Macht, die zur selben Zeit existierte, nämlich die thebanische 17. Dynastie, die in dem Gebiet zwischen Elephantine und Abydos herrschte. Der thebanische Herrscher Kamose (Regierungszeit etwa 1576-1570 v. Chr.) bekämpfte die Hyksos erfolgreich, seinem Bruder Ahmose I. gelang es schließlich, sie zu unterwerfen und Ägypten wiederzuvereinigen.

Neues Reich

 

Die Vereinigung des Landes und die Gründung der 18. Dynastie unter Ahmose I. markiert den Beginn des Neuen Reiches (1570-1070 v. Chr.). Ahmose stellte die Grenzen, Staatsziele und die Verwaltung des Mittleren Reiches wieder her und nahm das Landnahmeprogramm wieder auf. Mit Unterstützung der Streitkräfte, die entsprechend entlohnt wurden, sorgte er für ein Machtgleichgewicht zwischen den Nomarchen und der Zentralgewalt. Der Einfluß der Frauen im Neuen Reich zeigt sich an den hohen Titeln und Machtpositionen, die die Mütter und die Frauen der Könige innehatten.

Die Könige der 18. Dynastie

Als Amenophis I. (Regierungszeit 1551-1524 v. Chr.) die volle Regierungsgewalt erhielt – er war zuvor fünf Jahre lang Mitregent gewesen –, begann er die Grenzen Ägyptens nach Nubien und Palästina vorzuschieben. Amenophis, der gewaltige Bauwerke in El-Karnak in Auftrag gab, trennte sein Grab im Gegensatz zu seinen Vorgängern von seinem Begräbnistempel. Mit ihm setzte der Brauch ein, die letzte Ruhestätte der Pharaonen zu verbergen. Unter Thutmosis I. wurden die Fortschritte des neuen imperialen Zeitalters fortgesetzt und die Vorrangstellung des Gottes Amun betont. Er hatte das erste Grab im Tal der Könige. Thutmosis II., ein von einer Nebenfrau geborener Sohn, war sein Nachfolger. Er hatte die Prinzessin Hatschepsut geheiratet, um seine Ansprüche auf den Thron zu unterstreichen, und führte das Werk seiner Vorfahren fort. Als er 1504 v. Chr. starb, war sein Erbe Thutmosis III. noch im Kindesalter, und so führte Hatschepsut für ihn die Reichsgeschäfte. Binnen Jahresfrist übernahm sie die Pharaonenwürde, später regierten Mutter und Sohn gemeinsam. Als Thutmosis III. nach Hatschepsuts Tod 1483 v. Chr. die Alleinherrschaft übernahm, verfolgte er zunächst das Ziel, Syrien und Palästina zurückzuerobern, die während der gemeinsamen Herrschaft abgefallen waren, und sorgte für eine Vergrößerung seines Herrschaftsgebiets. Seine Annalen im Tempel bei Karnak weisen auf viele seiner Kriegszüge hin. Fast 20 Jahre nach dem Tod von Hatschepsut ordnete er die Entfernung ihres Namens und ihres Bildes aus sämtlichen Aufzeichnungen an. Amenophis II. (Regierungszeit 1453-1419 v. Chr.) und Thutmosis IV. versuchten die in Asien eroberten Gebiete gegen die immer stärker werdenden Mitanni und Hethiter zu halten.

Amenophis III. (Regierungszeit 1386-1349 v. Chr.) sorgte für eine fast vier Jahrzehnte dauernde Friedensperiode, während der Kunst und Architektur eine Blüte erlebten. Durch Diplomatie erhielt er ein Gleichgewicht der Kräfte mit den ägyptischen Nachbarstaaten und sorgte für den Bau des großen Amuntempels in Luxor. Sein Sohn und Nachfolger Echnaton (Amenophis IV.) war ein religiöser Reformer, der sich der Macht der Amunpriester widersetzte. Echnaton verließ die Hauptstadt Theben und gründete mit Akhenaton eine neue Hauptstadt (das heutige siehe Amarna) zu Ehren von Aton, des Sonnengottes, der im Zentrum seiner monotheistischen Religion stand. Zum Ende seiner Herrschaft wurde die religiöse Erneuerung nach und nach rückgängig gemacht, und sein Schwiegersohn Tutanchamun verlegte die Hauptstadt wieder nach Theben. Tutanchamun ist heute vor allem wegen seines reich ausgestatteten Grabmals bekannt, das von den britischen Archäologen Howard Carter und George Herbert, dem 5. Earl von Carnarvon 1922 fast unversehrt aufgefunden wurde. Die 18. Dynastie endete mit Haremheb (Regierungszeit 1321-1293 v. Chr.).

Die Ramessidenzeit

Der Begründer der 19. Dynastie, Ramses I. (Regierungszeit 1293-1291 v. Chr.) hatte seinem Vorgänger als Befehlshaber der Armee gedient. Nach einer Regierungszeit von nur zwei Jahren folgte ihm sein Sohn Sethos I. (Regierungszeit 1291-1279 v. Chr.) nach. Dieser unternahm Kriegszüge gegen Syrien und Palästina sowie gegen die Libyer und Hethiter. Er baute ein Heiligtum in Abydos. Wie sein Vater favorisierte er die Hauptstadt Pi-Ramesse (das heutige Qantir) im Deltagebiet. Sein Nachfolger war einer seiner Söhne, Ramses II., der fast 67 Jahre lang regierte. Er war für einen Großteil der Bauten in Luxor und Karnak verantwortlich und gab auch das Ramesseum (seinen Begräbnistempel in Theben), die Felsentempel von Abu Simbel sowie heilige Stätten in Abydos und Memphis in Auftrag. Nach Kämpfen mit den Hethitern schloß Ramses einen Friedensvertrag und heiratete eine hethitische Prinzessin. Sein Sohn Mernephtah (Regierungszeit 1212-1202 v. Chr.) besiegte die Invasoren aus der Ägäis, die im 13. Jahrhundert in Vorderasien einfielen. Aus Quellen geht hervor, daß dabei das Gebiet des heutigen Israel verwüstet wurde. Die späteren Herrscher mußten sich immer wieder mit Aufständen unterworfener Völker auseinandersetzen.

Der zweite Herrscher der 20. Dynastie war Ramses III. Seine militärischen Siege sind auf den Wänden seines Totentempels in Medinet Habu in der Nähe von Theben dargestellt. Nach seinem Tod zerfiel das Reich, hauptsächlich aufgrund der zunehmenden Macht der Amunpriesterschaft und des Militärs. Ein hoher Priester und Militärbefehlshaber ließ sich sogar mit den königlichen Insignien darstellen.

Dritte Zwischenzeit

Die Dritte Zwischenzeit beginnt mit der 21. Dynastie und endet mit der 24. Dynastie. Die Könige rangen von der Hauptstadt Tanis im Norden des Landes aus mit einer Reihe von Hohepriestern im südlichen Theben, mit denen sie verwandt waren, um die Macht. Die Herrscher der 21. Dynastie dürften zum Teil libysche Vorfahren gehabt haben, die 22. Dynastie wurde jedenfalls von libyschen Fürsten begründet. Als die Herrschaft der Libyer Schwächen zeigte, wurde sie von mehreren Mächten herausgefordert. Die nächsten beiden Dynastien, die 23. und die 24. Dynastie, herrschten teilweise zeitgleich mit der 22. Dynastie, und die 25. Dynastie (Kuschiten) kontrollierte gegen Ende der 22. und 24. Dynastie große Teile Ägyptens.

Spätzeit

Die sogenannte Spätzeit beginnt mit der Herrschaft der 25. Dynastie und endet mit der 31. Dynastie. Die Kuschiten regierten von etwa 767 v. Chr. an, bis sie 671 v. Chr. von den Assyrern vertrieben wurden. Zu Beginn der 26. Dynastie wurde die Fremdherrschaft durch Psammetich I. wieder beseitigt. Die Kultur erlebte noch einmal eine Blütezeit, die an frühere Epochen erinnerte. Nach der Niederlage des letzten ägyptischen Königs gegen Kambyses II. 525 v. Chr. wurde Ägypten unter der 27. Dynastie persische Provinz. Zwar gelang es den Ägyptern während der 29. und der 30. Dynastie ihre Unabhängigkeit wiederherzustellen, aber die Könige der 30. Dynastie waren endgültig die letzten ägyptischen Pharaonen. Bei der 31. Dynastie, die in dem Geschichtswerk Manethos nicht aufgeführt ist, handelt es sich bereits um die zweite persische Herrschaft.

Griechische und römische Zeit

Die Besetzung Ägyptens durch die Truppen Alexanders des Großen 332 v. Chr. beendete die Perserherrschaft. Alexander ernannte Cleomenes von Naucratis, einen Ägypter griechischer Abstammung, sowie seinen makedonischen General, den späteren Ptolemaios I., zu Statthaltern des Landes. Obwohl auch zwei ägyptische Gouverneure eingesetzt wurden, riß Ptolemaios die Herrschaft an sich und regierte das Land nach wenigen Jahren mit absoluter Macht.

Das Haus der Ptolemäer

Nach dem Tod Alexanders 323 v. Chr. konnte sich Ptolemaios in Ägypten gegen die rivalisierenden Generäle durchsetzen, die das Reich Alexanders unter sich aufteilen wollten. 305 v. Chr. nahm er den Königstitel an und begründete das Haus der Ptolemäer, dem er seinen Namen gab. Das ptolemäische Ägypten gehörte zu den Großmächten der hellenistischen Welt und konnte zuweilen seine Macht bis nach Syrien, Kleinasien, Zypern, Libyien und Phönikien ausdehnen.

Da den einheimischen ägyptischen Herrschern während der ptolemäischen Herrschaft größtenteils nur eine untergeordnete Rolle zufiel, kam es immer wieder zu Rebellionen, die jedoch allesamt rasch unterdrückt werden konnten. Während der Regierungszeit von Ptolemäus VI. wurde Ägypten nach Eroberung durch Antiochos IV. 169 v. Chr. syrisches Protektorat. Die Römer zwangen Antiochos jedoch zur Aufgabe des Landes, es wurde in der Folgezeit zwischen Ptolemaios VI. und seinem jüngeren Bruder Ptolemaios VIII. aufgeteilt. Nach dem Tod des älteren Bruders 145 v. Chr. übernahm jener die Alleinherrschaft.

Die folgenden Ptolemäer konnten zwar Reichtum und Status Ägyptens halten, verloren aber zunehmend Territorium an Rom. Kleopatra VII. war die letzte Ptolemäerin. In einem Versuch, die drohende Besetzung Ägyptens durch römische Truppen zu verhindern, verbündete sie sich zunächst mit Julius Cäsar und später mit Antonius, konnte das Ende aber nur kurzzeitig aufhalten. Nachdem ihre Streitkräfte den römischen Legionen unter Oktavian (dem späteren Kaiser Augustus) unterlegen waren, beging Kleopatra 30 v. Chr. Selbstmord.

Römische und byzantinische Zeit

Nach dem Tod Kleopatras wurde Ägypten fast sieben Jahrhunderte lang vom Römischen Reich beherrscht (mit Ausnahme der kurzen Regierungszeit der Königin Zenobia von Palmyra im 3. Jahrhundert n. Chr.). Das Land wurde wirtschaftlich ausgebeutet, es diente als „Kornkammer Roms“. Das Ägypten unter römischer Herrschaft wurde von einem Präfekten verwaltet, dessen Kompetenzen als militärischer Oberbefehlshaber und oberster Richter denen der früheren Pharaonen entsprachen. Die umfassenden Machtbefugnisse des Präfekten wurden später jedoch unter dem Kaiser Justinian aufgeteilt, der im 6. Jahrhundert n. Chr. die Streitkräfte einem eigenen Befehlshaber unterstellte, der ihm persönlich verantwortlich war.

Während der römischen Zeit erlebte Ägypten eine relativ friedliche Epoche, nur die Südgrenze bei Assuan wurde gelegentlich von den Äthiopiern attackiert. Während der Herrschaft der Ptolemäer war die Bevölkerung hellenisiert worden und umfaßte inzwischen große griechische, jüdische und andere kleinasiatische Minderheiten. In dieser Zeit entwickelte sich auch aus dem damaligen Ägyptisch unter griechischem und semitischem Einfluß die koptische Sprache. Die verschiedenen Kulturen wuchsen jedoch nicht zu einer homogenen Gesellschaft zusammen, so daß es häufig zu internen Auseinandersetzungen kam. 212 n. Chr. verlieh der römische Kaiser Caracalla der gesamten Bevölkerung das römische Bürgerrecht.

Die von Alexander dem Großen gegründete Mittelmeerhafenstadt Alexandria blieb wie unter den Ptolemäern Hauptstadt. Die Stadt gehörte zu den bedeutendsten Handelsstädten des Römischen Reiches, hier wurde insbesondere der Handel zwischen Indien, der Arabischen Halbinsel und dem Mittelmeerraum abgewickelt. Daneben beherbergte die Stadt die große Alexandrinische Bibliothek und das angeschlossene Museum. Die Stadt hatte zu der Zeit 300 000 Einwohner (die Sklaven nicht mitgerechnet).

Ägypten wurde zu einem wirtschaftlichen Stützpfeiler des Römischen Reiches, und zwar nicht nur aufgrund der Getreideproduktion, sondern auch aufgrund der Glas- und Metallproduktion. Daneben wurden über den Handel Gewürze, Parfüm, Edelsteine und seltene Metalle aus den Häfen des Roten Meeres eingeführt. Das Land wurde auch durch die Erhebung von Steuern ausgebeutet.

Um das Volk zu kontrollieren und das machtvolle Priestertum nicht gegen sich aufzubringen, schützten die römischen Kaiser die alte Religion. Sie führten die unter den Ptolemäern begonnenen Tempelbauten weiter, schmückten sie aus und ließen ihre Namen als Pharaonen eingravieren. In Isna, Kawn Umbu, Dandarah und Philae haben sich solche Kartuschen erhalten. Der ägyptische Isis- und Serapis-Kult breitete sich in der gesamten griechisch-römischen Welt aus. Ägypten war zudem ein wichtiges Zentrum des frühen Christentums und das erste Zentrum des christlichen Mönchstums. Die koptische Kirche, die für den Monophysitismus eintrat, spaltete sich im 5. Jahrhundert vom übrigen Christentum ab.

Während des 7. Jahrhunderts wurde die Macht des Byzantinischen Reiches von den aus Persien kommenden Sassaniden herausgefordert, die Ägypten im Jahr 616 n. Chr. eroberten. Sie konnten zwar 628 wieder vertrieben werden, doch kurz darauf, 642, fiel das Territorium an die Araber, die mit dem Islam eine neue Religion ins Land brachten und ein neues Kapitel der ägyptischen Geschichte einläuteten.

Ägypten unter dem Kalifat

Da die koptischen Christen in Ägypten unter der religiösen Intoleranz und der starken Besteuerung durch die Byzantiner zu leiden hatten, setzten sie den arabischen Eroberern keinen nennenswerten Widerstand entgegen. Daraufhin wurde ein Vertrag mit dem Kalifat unterzeichnet, in dem sich die Ägypter zur Entrichtung einer Kopfsteuer (Jizyah) verpflichteten und die Araber im Gegenzug die religiösen Praktiken sowie das Existenzrecht und das Eigentum der Kopten anerkannten. Neben der Kopfsteuer hatte die männliche Bevölkerung (schätzungsweise sechs bis acht Millionen Menschen) die Kharaj zu bezahlen, eine Steuer, die auf landwirtschaftlich genutztes Land erhoben wurde.

Kommunalverwaltung

Die Araber führten keine Änderungen in der Verwaltung durch. Sie übernahmen von den Byzantinern das dezentrale System der Provinzgouverneure, die einem Hauptgouverneur in der Hauptstadt Alexandria unterstanden. Sie verlegten jedoch die Hauptstadt an einen zentraleren Ort, nach Fustat („das Zelt“), wenige Kilometer südlich des heutigen Kairo.

Die nächsten zwei Jahrhunderte wurde Ägypten von Gouverneuren regiert, die durch den Kalifen (Führer der Muslimgemeinschaft) ernannt wurden. Bei diesem System wechselten sich großzügige Herrschaft mit Phasen religiöser Unterdrückung ab. Die Einwanderung arabischer Stämme und die Verdrängung der koptischen Sprache durch das Arabische führte schließlich zu einer langsamen Arabisierung des Koptisch sprechenden, christlichen Ägyptens in ein größtenteils islamisches, Arabisch sprechendes Land. Das Koptische wurde zur Sprache der Liturgie.

Interne Auseinandersetzungen

Unter den Abbasiden-Kalifen wurden die Gouverneure immer nur für kurze Zeit ernannt. Es kam zu einer Reihe von Aufständen, die durch Konflikte zwischen zwei muslimischen Gruppierungen entstanden, die sich hier niedergelassen hatten: die orthodoxe Mehrheit der Sunniten und die Minderheit der Schiiten. Mehrmals erhoben sich auch die Kopten, um gegen die übermäßige Besteuerung zu protestieren. Solche Aufstände wurden von seiten der Regierung meist mit Repression und Verfolgung beantwortet. Die innere Lage verschlechterte sich gegen Ende des 8. Jahrhunderts so sehr, daß eine Gruppe neuer Einwanderer aus Andalusien sich mit einem arabischen Stamm verbündete und Alexandria belagerte. Die Belagerung wurde so lange aufrechterhalten, bis ein Heer aus Bagdad eintraf und die Aufständischen nach Kreta vertrieb. Die Aufstände der Kopten hielten an, bis es dem Kalifen Abdullah al-Mamun mit Hilfe einer türkischen Armee gelang, die Revolten 832 niederzuschlagen. Skrupellose Gouverneure beuteten die Bevölkerung rücksichtslos aus. Das einzige Bollwerk gegen diese Unterdrückung war der Kadi, der höchste Richter der religiösen Gerichtsbarkeit, der das heilige Gesetz der Scharia bei Machtmißbrauch und Habgier der Gouverneure anwendete.

Der Handel blühte, und Fustat wurde ein wichtiger Warenumschlagplatz.

Abfolge autonomer Dynastien

Ab 856 ließ das Kalifat von Bagdad die Herrschaft über Ägypten durch eine türkische Militäroligarchie ausüben. 868 kam der 33jährige Türke Ahmad Ibn Tulun als Gouverneur ins Land. Tulun verschaffte Ägypten den Status einer autonomen Provinz, die mit den Abbasiden nur mehr durch die Zahlung einer geringen jährlichen Tributleistung verbunden war. Er gründete nördlich von Fustat die Stadt El Katai („die Bezirke“). Unter seiner Führung kam Ägypten zu neuem Wohlstand und konnte seine Grenzen bis nach Syrien ausdehnen. Die Tuluniden-Dynastie herrschte 37 Jahre lang über ein Reich, das Ägypten, Palästina und Syrien umfaßte.

Dynastie der Fatimiden

Nach dem Niedergang der Tuluniden fiel das Land in Anarchie und wurde 969 von den Fatimiden erobert, einer Schiiten-Dynastie, die sich 909 von der Autorität der Abbasiden gelöst und in Tunesien ein eigenes Kalifat gegründet hatte. Mitte des 10. Jahrhunderts kontrollierten sie den größten Teil Nordafrikas. Sie gründeten nördlich von Fustat eine neue Stadt, Kairo, und machten sie zur Hauptstadt ihres Reiches.

Fustat, eine Großstadt mit einem hervorragenden Abwassersystem, blieb jedoch auch unter den Fatimiden das Handelszentrum des Landes. Ägypten erlebte eine Periode der Ruhe und des Wohlstands.

Unter den schiitischen Fatimiden lebten Schiiten und Sunniten friedlich zusammen. Zu dieser Zeit wurde auch die älteste Universität der Welt, El Azhar, gegründet, Kairo entwickelte sich immer mehr zu einem geistigen Zentrum.

Dynastie der Aijubiden

Die Zeit relativer Ruhe endete unter der Regierung der späteren Fatimidenherrscher. Es kam zu Revolten in den Regimentern, die sich aus Berbern und Sudanesen zusammensetzten. 1065 sorgte ein Niedrigwasser des Nils für eine große Hungerkatastrophe. Durch den 1. Kreuzzug, der zur christlichen Herrschaft über Syrien und Palästina geführt hatte, war eine neue Bedrohung entstanden. Die Fatimidenkalifen wandten sich an Nur ad-Din von Aleppo, der ihnen 1168 eine Armee zur Unterstützung gegen die christlichen Kreuzfahrer schickte. Saladin, einer der Generäle Nur ad-Dins, wurde als Wesir eingesetzt. 1171 vertrieb er die Fatimiden, gründete die Aijubiden-Dynastie und stellte die Herrschaft der Sunniten in Ägypten wieder her. Saladin eroberte den größten Teil Syriens und Palästinas von den Kreuzfahrern zurück und wurde zum mächtigsten Herrscher des Vorderen Orients. Seinem Neffen Sultan al-Kamil (Regierungszeit 1218-1238) gelang es in den Jahren 1218 bis 1221 Angriffe der Christen zurückzuschlagen. Doch nach seinem Tod war die Macht der Aijubiden im Niedergang begriffen. Der 6. Kreuzzug, angeführt von König Ludwig IX. von Frankreich, konnte 1249 mit Hilfe der Mamelucken abgewehrt werden. Bei den Mamelucken handelte es sich um Militärsklaven in Diensten der Aijubiden, die im Jahr darauf die Aijubiden stürzten und eine eigene Dynastie begründeten.

Mameluckenherrschaft

Die erste Mamelucken-Dynastie der Bahriten herrschte bis 1382 über das Sultanat Ägypten. Die Erbfolge wurde häufig mißachtet, und der Thron wurde von den mächtigen Emiren (militärische Befehlshaber) beansprucht. Zu den zahlreichen bedeutenden Herrschern gehörten Baibars I., der den Vormarsch der Mongolen nach Syrien und Ägypten 1260 stoppte. Die Mamelucken konnten zwei weitere Mongoleninvasionen zurückschlagen. Es gelang ihnen auch, die Kreuzfahrer aus der Region zu vertreiben und Akko, den letzten christlichen Stützpunkt in Palästina, 1291 einzunehmen. Gegen Ende des 13. und zu Beginn des 14. Jahrhunderts reichten die Grenzen des Mameluckenreiches im Norden bis nach Kleinasien.

Während der Mameluckenherrschaft kam es zu einer Blüte der Kunst. Daneben wurde der Handel ausgeweitet; die ägyptischen Gewürzhändler, die Karimi, waren die Fürsten unter den Händlern und galten neben den Emiren als große Förderer der Kunst.

Nach dem Tod des letzten großen Bahritensultans al-Nasir 1341 begann der Niedergang des Mameluckenreiches. 1348 kam es wegen einer Pestepidemie (Schwarzer Tod) zu einem drastischen Bevölkerungsrückgang.

Die 2.  Dynastie der Mameluckensultane, die Burdjiten, waren tscherkessischer Abstammung, sie herrschten zwischen 1382 und 1517. Die Zeit der Burdjitenherrscher war geprägt durch ständige Machtkämpfe unter den Führungseliten. Aber trotz der Aufstände und inneren Unruhen blieben die Mamelucken in Ägypten und Syrien an der Macht. Es gelang ihnen, alle Invasionen zurückzuschlagen. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts gerieten sie dagegen unter Druck des Osmanischen Reiches, das seinen Machtbereich kontinuierlich ausdehnte. 1517 marschierte schließlich der osmanische Sultan Selim I. in Ägypten ein und eroberte es.

Türkenherrschaft

Obwohl die Herrschaft der Osmanen über Ägypten nur bis zum 17. Jahrhundert dauerte, war das Land offiziell bis 1915 Bestandteil des Osmanischen Reiches. Die Mamelucken wurden nicht vertrieben, sondern sie wurden in der Verwaltung eingesetzt. Die Osmanen stellten einen Gouverneur und stationierten sechs Ocaks (Regimenter) in Ägypten. Die ländlichen Gebiete wurden als Kronländer betrachtet und in Parzellen – sogenannte Iqta – aufgeteilt, deren Ertrag von der osmanischen Elite eingestrichen wurde.

Wiederaufstieg der Mamelucken

Nach der Entdeckung des Seeweges nach Ostindien verfiel der Wohlstand des Landes. Es kam zu erbitterten Verteilungskämpfen unter den Ocaks um die Güter des Landes. Dabei büßten sie an Macht ein. Diesen Umstand nutzten die Mamelucken umgehend, Mitte des 17. Jahrhunderts hatten die Mameluckenemire, oder Beis, ihre Vorherrschaft sichergestellt. Sie teilten die Bodensteuern untereinander auf und besteuerten die städtischen Zünfte, die mit den Ocaks verbündet waren, um den Einfluß der Osmanen einzuschränken und die Einnahmen zu erhöhen. Die Osmanen gaben sich mit dem System zufrieden, solange die Tributleistungen pünktlich eingingen.

Die Macht des osmanischen Gouverneurs sank, und der führende mameluckische Bei, Scheich al-Balad, galt als wahrer Herrscher des Landes. Die Beis erhöhten die Steuern, um ihre Kriegszüge nach Syrien und Arabien zu finanzieren. Die Mamelucken herrschten in Ägypten bis zum Jahr 1798. Die letzten 30 Jahre des 18. Jahrhunderts waren gekennzeichnet durch Seuchen und Hungersnöte.

Die Zeit Muhammad Alis

 

Die französische Besetzung Ägyptens 1798 durch Napoleon Bonaparte war nur ein kleines Zwischenspiel. Die Kornkammern Oberägyptens blieben in der Hand der Mamelucken. Die Invasion Napoleons scheiterte trotz einiger Siege über türkische und mameluckische Heere, markierte aber den Beginn eines neuerwachten Interesses europäischer Mächte an Ägypten. 1801 wurden die Franzosen durch englisch-osmanische Truppen vertrieben. Auseinandersetzungen zwischen Mamelucken und Osmanen um die Vorherrschaft ruinierten das Land, bis Muhammad Ali, ein osmanischer Offizier albanischer Abstammung, mit Unterstützung der einheimischen Bevölkerung die Macht übernahm. 1805 machte ihn der osmanische Sultan zum Gouverneur von Ägypten.

Muhammad Ali gelang es, all seine politischen Gegner auszuschalten, bis er schließlich unumschränkter Herrscher des Landes war. Um die Kontrolle über sämtliche Handelsrouten nach Ägypten zu erhalten, führte er zahlreiche Eroberungskriege. Zunächst eroberte er Al Hijaz (auf dem Territorium des heutigen Saudi-Arabien) 1819, dann zwischen 1820 und 1822 das Territorium des heutigen Sudan. 1824 unterstützte er den osmanischen Sultan bei der Niederschlagung einer Revolte in Griechenland. Die europäischen Mächte intervenierten jedoch, um den Vormarsch der Ägypter in Griechenland zu stoppen, und Muhammad Ali war gezwungen, seine Truppen zurückzuziehen.

In seinem Land förderte Muhammad Ali die Baumwollproduktion für die Spinnereien in Europa und verwendete die Profite für den Aufbau einer Industrie. Er errichtete Handelsbeschränkungen, um die heimische Industrie zu schützen. Er schickte die jungen Ägypter zum Studium ins Ausland und warb europäische Spezialisten zur Ausbildung des Militärs und zum Aufbau der Industrie an.

1831 marschierten die Truppen Muhammad Alis und seines Sohnes Ibrahim Pascha in Syrien ein. Dadurch kam es zum Konflikt mit den Osmanen. Die Ägypter besiegten die osmanischen Truppen und bedrohten 1833 Istanbul, die Hauptstadt des Osmanischen Reiches. Wieder intervenierten Rußland, Großbritannien und Frankreich, diesmal auf seiten des Sultans. Die Truppen Muhammad Alis zogen sich zurück, doch er behielt die Macht über Syrien und Kreta.

Diese Expansion und die damit verbundene Kontrolle über wichtige Handelswege brachte Ägypten in Konflikt mit Großbritannien, das ein wachsendes Interesse am Nahen Osten als Absatzmarkt für seine Industrieprodukte hatte. Zudem wollte Großbritannien eine Schwächung des Osmanischen Reiches verhindern, damit Rußland seinen Einflußbereich nicht bis zum Mittelmeer ausdehnen konnte. Aus diesem Grund griffen die Briten 1839 auf der Seite der Osmanen ein, als Muhammad Ali gegen die osmanische Vorherrschaft rebellierte. Man bot ihm den erblichen Titel des ägyptischen Herrschers an, wenn er im Gegenzug türkischer Vasall blieb und auf weitere Eroberungen verzichtete.

Staatsbankrott und Fremdherrschaft

Nach dem Tod Muhammad Alis 1849 geriet Ägypten immer mehr unter europäischen Einfluß. Sein vierter Sohn Said Pascha unternahm den Versuch, die Regierung zu modernisieren, hinterließ bei seinem Tod aber einen gewaltigen Schuldenberg. Sein Nachfolger Ismail Pascha vergrößerte die Staatsverschuldung zusätzlich, indem er von europäischen Banken hohe Kredite in Anspruch nahm, um die Entwicklung des Landes voranzutreiben und den Suezkanal zu finanzieren, der 1869 eröffnet wurde. Diese Herrscher trieben das Land in den Bankrott und machten es letztlich von den britischen und französischen Geldgebern abhängig. 1876 übernahm eine britisch-französische Kommission die Verantwortung für die ägyptischen Staatsfinanzen, und 1879 wurde Ismail zugunsten seines Sohnes Tawfik Pascha abgesetzt. Um der Fremdherrschaft ein Ende zu setzen, verübten Offiziere einen Staatsstreich. Tawfik rief daraufhin die Briten um Hilfe, die Ägypten 1882 besetzten.

Ägypten unter britischer Vorherrschaft

Für die Briten war Ägypten interessant geworden, da sich über den Suezkanal der Seeweg nach Indien verkürzen ließ. Die Zusicherung, das Land zu verlassen, sobald Ruhe und Ordnung wiederhergestellt sind, wurde gebrochen, die britische Armee hielt das Land bis 1954 besetzt. Tawfik blieb zwar auf dem Thron, die tatsächliche Macht im Staate lag aber beim britischen Generalkonsul. Der erste und bedeutendste Generalkonsul war Sir Evelyn Baring (der nach 1892 als Lord Cromer bekannt wurde).

Zur Zeit des Wechsels vom 19. zum 20. Jahrhundert unterstützte Tawfiks Nachfolger Abbas II. eine von Mustafa Kamil, einem europäisch gebildeten Juristen, angeführte nationalistische Bewegung. Kamil trat für Selbstverwaltung und eine Beendigung der britschen Besatzung ein.

Die ägyptische Landwirtschaft war damals so sehr auf die Baumwollproduktion für die Spinnereien im englischen Lancashire ausgerichtet, daß man zur Ernährung der Bevölkerung Getreide einführen mußte. Um die landwirtschaftliche Anbaufläche zu vergrößern, wurden Bewässerungsprojekte durchgeführt, und im Laufe der Zeit konnten sämtliche Staatsschulden an die Briten zurückgezahlt werden.

Das Versprechen der Briten, sich zurückzuziehen, wurde nicht eingehalten, denn der Suezkanal wurde zum Kernstück der britischen Verteidigungspolitik im Mittelmeer. Die Besatzung wurde 1904 sogar international gebilligt, als Frankreich die britischen Rechte in Ägypten anerkannte, während die Briten im Gegenzug die französischen Rechte in Marokko anerkannten.

Ägypten als britisches Protektorat

Der Ausbruch des 1. Weltkrieges 1914 beendete zunächst den nationalen Widerstand gegen die Vorherrschaft der Briten in Ägypten. Als die Türkei auf seiten Deutschlands in den Krieg eintrat, erklärte Großbritannien Ägypten zu einem Protektorat und setzte Abbas II. zugunsten seines Onkels Hussein Kamil ab.

1918 wuchs der Widerstand gegen die britische Fremdherrschaft.

Formelle Unabhängigkeit und Monarchie

Die Zusagen der Alliierten, daß man den Territorien des früheren Osmanischen Reiches Selbstverwaltung zugestehen würde, nährte die Hoffnung der Ägypter auf Unabhängigkeit nach dem Krieg. 1918 bildete sich der Wafd („Delegation“), eine nationale Bewegung, die den Einfluß der Briten zurückdrängen wollte. Diese Hoffnungen zerschlugen sich jedoch, als sich die Briten weigerten, die Forderungen der Ägypter anzuerkennen, und den Wafdführer Saad Zaghlul des Landes verwiesen. Es kam zu Aufständen und blutigen Auseinandersetzungen, die bis 1922 dauerten. Ägypten wurde formell eine unabhängige Monarchie unter König Fuad I. (dem Nachfolger Sultan Husseins). Die Briten behielten sich jedoch das Recht vor, in die inneren Angelegenheiten Ägyptens einzugreifen, sofern sie ihre Interessen gefährdet sahen. Damit verweigerten sie den Ägyptern eine echte Unabhängigkeit, und die britische Herrschaft blieb de facto erhalten.

1936 kam es schließlich unter dem Eindruck der italienischen Invasion in Abessinien (dem heutigen Äthiopien) zum Abschluß eines britisch-ägyptischen Vertrags. Die Besetzung des Landes durch britische Truppen und deren Einmischung in innere Angelegenheiten des Staates blieb aber bestehen.

Der Staatsstreich von 1952

Während des 2. Weltkrieges kam es zu keinen politischen Verhandlungen mehr. Nach Kriegsende zogen sich die Briten aus Ägypten zurück, nur im Gebiet um den Suezkanal blieben sie mit Truppen präsent.

1948 kam es zum 1. Arabisch-Israelischen Krieg. Ägypten und andere arabische Staaten versuchten, die Entstehung des Staates Israel zu verhindern, erlitten jedoch eine Niederlage. 1952 gelang einer Gruppe von Offizieren ein Staatsstreich, König Faruk I. wurde abgesetzt, und Ägypten wurde 1953 zur Republik erklärt.

Die Ära der Republik

Der erste Präsident der Republik wurde General Muhammad Naguib. Die eigentliche Macht lag jedoch bei Gamal Abd el-Nasser und dem Revolutionsrat, der sich aus Offizieren zusammensetzte, die an dem Putsch beteiligt waren. Im April 1954 wurde Nasser Premierminister. Im November desselben Jahres wurde Naguib seines Amtes enthoben, und Nasser übernahm die gesamte Exekutivgewalt. Im Juli 1956 wurde er offiziell zum Präsidenten gewählt.

Die Ära Nasser

 

Nasser verfolgte zunächst eine prowestliche Politik und erreichte nach erfolgreichen Verhandlungen 1954 den endgültigen Abzug der britischen Truppen aus Ägypten. Bald aber betrieb er eine Politik der Neutralität und Solidarität mit anderen afrikanischen und asiatischen Nationen und wurde ein Verfechter der arabischen Einheit.

Die Suezkrise

Da die westliche Welt Ägypten keine Waffen verkaufen wollte, wandte sich Nasser an den Ostblock. Im Gegenzug wies die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (Weltbank) den Antrag Ägyptens auf einen Kredit zur Finanzierung des Assuan-Hochdammes ab. Daraufhin verstaatlichte Nasser den Suezkanal und versuchte den Damm über die Einnahmen aus dem Kanal zu finanzieren. Dadurch wurde der Suezkrieg ausgelöst. Großbritannien und Frankreich, die beiden Hauptaktionäre des Kanals, griffen 1956 in Kooperation mit Israel Ägypten an. Auf Druck der USA und der UdSSR wurden die drei Staaten zum Rückzug aus ägyptischem Territorium gezwungen, und es wurden UNO-Friedenstruppen in das Gebiet entsandt.

Um seinen Traum von der arabischen Einheit zu verwirklichen, setzte Nasser 1958 den Zusammenschluß Syriens und Ägyptens unter der Bezeichnung Vereinigte Arabische Republik (VAR) durch. Obwohl diese Republik nach nur drei Jahren wieder auseinanderbrach, behielt Ägypten den offiziellen Namen der Republik noch mehrere Jahre bei.

Arabischer Sozialismus

Nasser führte das Einparteiensystem ein, abgesehen von der Einheitspartei Arabische Sozialistische Union (ASU) waren politische Parteien verboten. Eine Reihe von Gesetzen begrenzte den maximal zulässigen Grund- und Bodenbesitz und beschnitt den Einfluß der Großgrundbesitzer. 1961 wurde das investierte Auslandskapital und regionale Industriebetriebe verstaatlicht. Diese neue Ordnung, die Nasser als „arabischen Sozialismus“ bezeichnete, zielte auf eine größere soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliches Wachstum ab.

Die Kriege der sechziger Jahre

1962 wurde Ägypten in den Bürgerkrieg im Jemen verwickelt und unterstützte die Republikaner gegen die Monarchisten. 1967 sperrte Nasser die Meerenge von Tiran für israelische Schiffe und verlangte den Abzug der UNO-Truppen. Die Israelis, die davon ausgingen, daß Nasser einen Krieg vorbereiten wollte, schlugen zuerst zu und zerstörten die ägyptischen Flugplätze und Stützpunkte auf dem Sinai. Die israelischen Streitkräfte rückten bis zum Suezkanal vor. Dieser sogenannte Sechstagekrieg brachte Israel in den Besitz der gesamten Sinai-Halbinsel. Der UNO-Sicherheitsrat erließ daraufhin die Resolution 242, in der die „Unzulässigkeit der Aneignung von Gebieten infolge kriegerischer Auseinandersetzungen“ betont und Israel zum Rückzug aus den besetzten Gebieten aufgefordert wurde. Doch die Halbinsel Sinai blieb weiterhin besetzt. Nachdem die Verhandlungen ergebnislos verlaufen waren, wandte sich Nasser an die UdSSR, die Ägypten militärisch unterstützte und im Gegenzug in Ägypten einen Flottenstützpunkt errichten durfte.

Nach dem Tod Nassers 1971 trat sein langjähriger Vizepräsident Anwar al-Sadat seine Nachfolge an.

Die Ära Sadat

Der neue Präsident ließ politische Häftlinge frei, die als Oppositionelle unter Nasser inhaftiert worden waren, und betrieb eine Politik der wirtschaftlichen und politischen Liberalisierung, auch der Presse, die unter Nasser mit Zensur belegt war.

Jom-Kippur-Krieg

Das Verhältnis zu Israel blieb gespannt. Sadat versuchte über Verhandlungen einen Weg aus dieser Sackgasse zu finden. Als die Verhandlungen keinen Erfolg brachten, bereitete er einen neuen Schlag gegen Israel vor. Zunächst verbesserte er die Beziehungen zu den arabischen Staaten, insbesondere zu Saudi-Arabien, das Waffenkäufe aus der Sowjetunion finanzierte. Am 6. Oktober 1973, dem jüdischen Feiertag Jom Kippur und während des Fastenmonats Ramadan, begannen die Ägypter einen massiven Luft- und Artillerieangriff auf die andere Seite des Suezkanals und lösten damit den Jom-Kippur-Krieg aus. Innerhalb weniger Stunden hatten Tausende ägyptischer Soldaten den Kanal überquert und waren auf die Sinai-Halbinsel gelangt. Unter einem Raketenschutzschirm, der die israelische Luftwaffe ausschaltete, überrannten sie eine Reihe israelischer Festungsanlagen, die sogenannte Bar-Lev-Linie. Israel war völlig unvorbereitet. Mitte des Monats gelang es den Israelis jedoch, die Initiative zurückzugewinnen und ägyptische Einheiten in den Außenbezirken von Suez einzukesseln. Die Vereinten Nationen veranlaßten eine Waffenruhe, und schließlich wurde eine von UNO-Truppen sichergestellte Waffenstillstandslinie zwischen den ägyptischen und den israelischen Streitkräften vereinbart.

Annäherung an Israel

Auch wenn Ägypten den Krieg nicht gewinnen konnte, wurden doch die Grenzen des Jahres 1967 erneut in Frage gestellt, und Ägypten gewann wieder Kontrolle über den Suezkanal nicht zuletzt aufgrund der Politik des amerikanischen Außenministers Henry A. Kissinger. In den Jahren 1974 und 1975 vereinbarten Ägypten und Israel unter Vermittlung Kissingers Verträge über den Truppenabbau auf der Sinai-Halbinsel. Im Juni 1975 beendete Ägypten die Sperrung des Suezkanals und genehmigte die Durchfahrt für Schiffe, die Waren für Israel geladen hatten. Israel zog sich hinter strategische Linien zurück und gab einige der Ölfelder auf der Sinai-Halbinsel auf.

Mittlerweile verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation in Ägypten. Zu Beginn des Jahres 1976 war das Land mit geschätzten vier Milliarden US-Dollar bei der UdSSR verschuldet. Im darauffolgenden Jahr forderte Sadat völlig überraschend die sowjetischen Militärberater zum Verlassen des Landes auf und begann eine Annäherung an die USA. Er erklärte, sie allein besäßen den Schlüssel zum Frieden im Nahen Osten. Bei seinem Staatsbesuch in Israel am 19. November 1977 unterbreitete Sadat in der Knesset (dem israelischen Parlament) ein Friedensangebot. Dieser historischen Reise folgten weitere Verhandlungen unter Beteiligung der USA. Bei einer trilateralen Konferenz in Camp David im US-Bundesstaat Maryland unter der Leitung des US-Präsidenten Jimmy Carter im September 1978 einigten sich Sadat und der israelische Premierminister Menachem Begin auf die Rahmenbedingungen für eine Lösung der israelisch-ägyptischen Spannungen. Am 26. März 1979 wurde zwischen beiden Staaten in Washington auf der Grundlage der Vereinbarungen von Camp David ein Friedensvertrag geschlossen.

Ermordung Sadats

Ägypten wurde wegen seines Separatfriedens mit Israel von der gesamten übrigen arabischen Welt angefeindet. Unter den radikaleren arabischen Führern galt Sadat als Verräter an der arabischen Sache. Ägypten erhielt allmählich die Sinai-Halbinsel zurück, aber bei den späteren ägyptisch-israelischen Gesprächen über die Palästinenserfrage wurden kaum Fortschritte erzielt. Ägypten wurde wegen des Friedensvertrags aus der Arabischen Liga ausgeschlossen (1979), und der Sitz der Organisation wurde von Kairo in die tunesische Hauptstadt Tunis verlegt. 1989 wurde Ägypten wieder aufgenommen, und im folgenden Jahr wurde der Sitz der Organisation wieder nach Kairo verlegt.

Bis zum Jahr 1981 mußte sich Sadat auch mit einer immer größeren Opposition im eigenen Land auseinandersetzen. Insbesondere die muslimischen Fundamentalisten waren gegen die Einigung mit Israel. Sadat reagierte schließlich, indem er Hunderte von Oppositionellen festnehmen ließ und eine Pressezensur einführte. Am 6. Oktober 1981 wurde er während einer Militärparade zum Gedenken an den Jom-Kippur-Krieg von Extremisten in Reihen seiner Leibgarde ermordet.

 

 

Ägypten unter Mubarak

 

Nachfolger Sadats wurde sein Vizepräsident Hosni Mubarak. Er hielt sich an die Abmachungen von Camp David und sorgte für eine politische Liberalisierung des Landes und für bessere Beziehungen zu den anderen arabischen Staaten. Am 25. April 1982 war der israelische Rückzug von der Sinai-Halbinsel abgeschlossen. Im Januar 1984 nahm Ägypten eine Einladung zur Teilnahme an der Islamischen Konferenz an. Im April desselben Jahres erhielt die regierende Nationaldemokratische Partei bei den ersten ägyptischen Parlamentswahlen unter Mubarak 87 Prozent der Stimmen. Nach der Auflösung der Volksversammlung aufgrund eines Referendums im Februar 1987 wurden Neuwahlen ausgeschrieben. Zwar konnte die Nationaldemokratische Partei 338 von insgesamt 448 Sitzen gewinnen, aber dennoch verzeichnete die Muslimbruderschaft große Stimmengewinne. In einem Referendum im Oktober 1987 wurde Mubarak als Präsident bestätigt. Nachdem Ägypten sich der von den USA angeführten Koalition im Golfkrieg (1991) gegen den Irak angeschlossen hatte, wurden dem Land etwa die Hälfte der Auslandsschulden in Höhe von 20,2 Milliarden US-Dollar erlassen, der Rest wurde umgeschuldet. 1992 begannen muslimische Fundamentalisten mit Übergriffen auf Regierungsbeamte, koptische Christen, Touristen und unverschleierte Frauen. Ziel war es, die Regierung Mubarak zu stürzen und eine Regierung auf der Grundlage der strengen islamischen Gesetze zu errichten. Aufgrund dieser Übergriffe sanken zwischen 1992 und 1993 die Einkünfte aus dem Tourismus um 42 Prozent. Die Regierung ging hart gegen muslimische Extremisten vor und verhängte 1993 gegen 29 von ihnen die Todesstrafe. Bei den Wahlen im Oktober 1993 wurde Mubarak für eine dritte Amtsperiode als Präsident bestätigt. Die Gewalttaten islamischer Fundamentalisten gegen Touristen hielten auch 1994 an. Am 14. Oktober desselben Jahres wurde der Literaturnobelpreisträger Nagib Mahfus von Anhängern einer militanten Untergrundbewegung schwer verletzt. Die Attentäter wurden am 29. März 1995 hingerichtet. Am 26. Juni entging Präsident Mubarak während eines Besuchs im äthiopischen Addis Abeba nur knapp einem Attentat.[1]

 

 

Quelle:  Microsoft Encarta 97’

 



[1]"Ägypten," Microsoft® Encarta® 97 Enzyklopädie. © 1993-1996 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

 

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