GRUNDPRINZIPIEN FÜR DAS VERSTÄNDNIS UND DIE ERHALTUNG UNSERER UMWELT

 

Aus: G. Tyler Miller, Living in the Environment, Wadsworth 1990,
ISBN 0-534-12222-1

 

Ökologie

In der Natur können wir niemals nur eine Sache allein tun; alles was wir tun, schafft Wirkungen, die oft unvorhersehbar sind. ("Erster Hauptsatz der Ökologie" = Prinzip der ökologischen Nachwirkung)

Alles ist mit allem verbunden und vermischt, wir sind alle irgendwie eins ("Zweiter Hauptsatz der Ökologie" - Prinzip der Verbundenheit)

Kein chemischer Stoff, den wir produzieren, soll mit irgendeinem der natürlichen Stoffkreisläufe so interferieren, daß dies das Lebenserhaltungssystem degradiert ('Dritter Hauptsatz der Ökologie" = Prinzip der chemischen Nicht-Interferenz)

Das Lebenserhaltungssystem unserer Erde kann allerhand Zwänge und Mißbrauch verkraften aber es gibt Grenzen (Prinzip der Grenzen)

Jede Art und jeder Organismus kann nur einen bestimmten Bereich von Umweltbedingungen tolerieren (Prinzip der Toleranz-Reichweite)

Keine Population kann unbegrenzt wachsen (Prinzip der Kapazität)

Die Natur ist nicht nur komplexer als wir denken, sondern auch komplexer als wir jemals denken können (Prinzip der Komplexität)

 

Stoff und Energie

Wir können Stoff nicht schaffen oder zerstören, sondern nur umwandeln. Alles, was wir wegwerfen, ist irgendwie noch bei uns - es gibt kein "weg" (Prinzip der Stofferhaltung)

Organisierte und konzentrierte Materie hat hohe Qualität, die unter Kostenaufwand extrahiert, überführt und in nützliche Ressourcen konvertiert werden kann. Desorganisierte und zerstreute Materie hat geringe Qualität und ist oft zu teuer zur Konvertierung. (Prinzip der Stoffqualität)

Verdünne, Verstreue oder mische stoffliche Produkte oder Abfälle nicht, die recykliert werden können (Prinzip der Rezyklierung)

Wir können Energie weder schaffen noch zerstören, wir können sie nur umwandeln. Wir bekommen keine Energie für nichts, wir brauchen Energie zu ihrer Gewinnung. (Prinzip der Energieerhaltung)

Organisierte und konzentrierte Energie besitzt eine hohe Qualität, mit der wir Dinge tun können. Unorganisierte oder verdünnte Energie hat geringe Qualität und ist nicht besonders nützlich. (Prinzip der energetischen Qualität)

Bei jeder Energieumwandlung wird hochwertige, nützliche Energie degradiert zu niederwertiger Energie, die nicht rezykliert werden kann (Prinzip der Degradierung der Energiequalität)

Alles läuft mit hoch- oder mittelwertiger Energie, die nicht rezykliert werden kann. Wähle und nutze Energie deshalb weise! (Prinzip von Energienutzung und -fluß)

Benutze keine hochwertige Energie zu Zwecken, für die niederwertige reicht. (Nutze keine Kettensäge, um Butter zu schneiden, oder Elektrizität, um ein Haus oder Wasser zu erwärmen.) (Prinzip von der Entsprechung von Energiqualität und Verwendungszweck)

 

Ressourcen, Umweltverschmutzung und -zerstörung

Ressourcen sind begrenzt und dürfen nicht vergeudet werden (Prinzip der Begrenzung)

Die meisten Abfälle oder Verschmutzungen sind entweder Ressourcen, zu deren Nutzung wir zu dumm sind, oder so gefährlich, daß wir sie nicht produzieren dürfen ("Kein Abfall in der Natur" - Prinzip)

Um Verschmutzung, Ressourcennutzung und Abfälle zu reduzieren, müssen Ressourcen mehrfach genutzt und rezykliert werden (Prinzip der Mehrfachnutzung und Rezyklierung)

Rezyklierung erfordert Energie, deren Produktion und Nutzung Verschmutzung und Zerstörung bewirkt (Prinzip der Rezyklierung ist nicht die letzte Antwort-)

Um Vergeudung von Ressourcen und Störungen ihres Nachschubs zu vermeiden, soll so viel wie möglich lokal gewonnen, bereitgestellt und rezykliert werden (Prinzip des Lokalismus)

Um Verschmutzung, Verbrauch und Abfälle zu reduzieren, nutze Ressourcen vorrangig für Lebensbedürfnisse, und zwar so effizient wie möglich (Prinzip der Mäßigkeit)

Verstärke die Nutzung ständiger und erneuerbarer Ressourcen und nutze sie nicht schneller, als sie auf natürliche Weise regenerieren können (Prinzip der nachhaltigen Ausbeute)

Versuche, Ressourcen aus vielen Quellen zu nutzen, setze nicht alles auf eine Lösung (Prinzip der Ressourcendiversität)

Jeder ist irgendwie abhängig von allen anderen (Prinzip der globalen Gemeinsamkeiten)

 

Ökonomie

Jeglicher Marktpreis sollte all jene gegenwärtigen und künftigen Kosten enthalten, die durch Umweltverschmutzung, Zerstörung und andere schädlichen Wirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft entstehen. (Prinzip der Verinnerlichung aller externen Kosten)

Versuche mehr Output an Waren und Dienstleistungen aus weniger Input an Ressourcen zu erhalten; tue mehr mit weniger! (Prinzip wachsender Effizienz und Produktivität)

Einige Formen ökonomischen Wachstums sind schädlich; produziere keine schädlichen Waren (Prinzip vom ökonomischen Krebs")

Vergeude keine Ressourcen, um schädliche Produkte effizienter herzustellen (Prinzip der schädlichen Effizienz)

Kurzsichtige Gier führt zu weitreichenden ökonomischen und Umweltschäden; verschleudere kein Kapital und verpfände nicht die Zukunft! (Prinzip "Kein Essen ist kostenlos)

Je mehr Dinge du besitzt, um so mehr besitzen dich diese Dinge (Prinzip des Überkonsums und der Macht der Dinge)

Gib Menschen keine Subventionen oder Steuervorteile, um schädliche Waren zu produzieren oder unnötig Ressourcen zu verschwenden. Vermeide alle Subventionen von Ressourcen, oder fördere nur Produzenten, die Ressourcenvergeudung, Verschmutzung oder Umweltdegradierung verringern (Prinzip der ökonomischen und ökologischen Klugheit)

Wir können keine gesunde Ökonomie in einer kranken Umwelt haben (Prinzip "Die Ökonomie ist wie die Erde beschaffen")

 

Politik

Das andauernde Bevölkerungswachstum macht letztlich jede Demokratie und jeden Individualismus unmöglich (Prinzip der Erosion der Freiheit).

Probleme vorherzusehen und zu vermeiden ist billiger und effektiver als auf sie zu reagieren und sie zu beheben; ein Gramm der Vorbeugung wiegt so viel wie ein Pfund der Heilung.
(Prinzip der Vorbeugung oder der Input-Kontrolle)

Jede Krise ist eine Gelegenheit zur Veränderung.
(Prinzip "Schlechte Nachrichten können gute Nachrichten werden")

Denke global, handle lokal (Prinzip des Wechsels).

Bezeichne dich niemals als konservativ, es sei denn, du willst tatsächlich die Erde bewahren (Prinzip des wahren Konservatismus).

 

Weltanschauung und Ethik

Wir sind alle Teil der Natur (Prinzip der Einheit).

Wir sind eine wertvolle Art, aber wir stehen nicht über anderen Arten. Alle Lebewesen, ob Menschen oder andere, besitzen den gleichen inhärenten Wert (Prinzip der Demut).

Jedes Lebewesen hat ein Recht zum Leben, oder wenigstens um sein Leben zu kämpfen, einfach weil es existiert. Dieses Recht hängt nicht von seinem aktuellen oder potentiellen Nutzen für uns ab. (Prinzip des Respekts vor der Natur)

Unsere Rolle besteht darin, den Rest der Welt zu verstehen und mit ihn zusammenzuarbeiten, nicht ihn zu beherrschen. (Prinzip der Kooperation)

Die wichtigsten Dinge im Leben sind nicht die Dinge. (Prinzip der Liebe, Fürsorge und Freude)

Etwas ist richtig, wenn es der Aufrechterhaltung des lebenserhaltenden Systems der Erde für uns und andere Arten dient, und falsch, wenn es diesem entgegen wirkt. Das Wichtigste ist, daß die Erde das Wichtigste ist. (Prinzip der Nachhaltigkeit und des Ökozentrismus)

Es ist falsch, wenn der Mensch das vorzeitige Aussterben irgendeiner wilden Art oder die Degradierung oder Auslöschung ihrer Habitate verursacht (Prinzip der Erhaltung der Arten und der Biodiversität).

Wir haben ein Recht darauf, uns vor schädlichen oder gefährlichen Organismen zu schützen, aber nur, wenn wir es nicht vermeiden können, solchen Organismen ausgesetzt zu sein oder ihnen sicher zu entweichen. Bei unserem Schutz sollten wir jenen Organismen so wenig wie möglich schaden. (Prinzip des Selbstschutzes)

Wir dürfen andere Organismen töten, um genug Nahrung für unser Überleben und unsere Gesundheit bereitzustellen und andere grundlegenden Zwecke zu erfüllen, aber wir haben kein solches Recht, um unwesentliche oder nichtige Wünsche zu befriedigen. (Prinzip des Überlebens)

Wenn wir in die Natur eingreifen, um wesentliche oder wenige wichtige Bedürfnisse zu befriedigen, dann sollen wir Methode wählen, die anderen Lebewesen einen möglichst geringen Schade zufügen. Es ist im allgemeinen schlechter, nicht nur einem Individuum zu schaden, sondern einer ganzen Art und noch schlimmer einer ganzen Lebensgemeinschaft. (Prinzip des minimalen Fehlers)

Es ist falsch, Menschen und andere Lebewesen vorrangig als Faktoren der Produktion zu sehen und ihren Wert nur in ökonomischen Einheiten zu messen. (.Prinzip "Ökonomie ist nicht alles")

Wir müssen die Erde in so gutem Zustand verlassen, wie wir sie vorgefunden haben oder möglichst noch besser (Prinzip des Recht der Ungeborenen)

Alle Menschen müssen für ihre eigene Umweltverschmutzung und Zerstörung verantwortlich gemacht werden (Prinzip der Verantwortung der Lebenden)

Kein Individuum, kein Verein und keine Nationalität haben das Recht auf eine immer weiter wachsende Ausbeutung der begrenzten Ressourcen der Erde. Lasse Bedürfnis nicht in Habgier umschlagen! (Prinzip der Bescheidenheit)

Wir müssen die noch unberührten Ökosysteme der Erde vor unserer Aktivitäten schützen und von uns degradierte Ökosysteme wiederherstellen; wir sollten Ökosysteme nur als erneuerbare Basis benutzen und viele der besetzten und übernutzten Ökosysteme wieder zu ihrem Urzustand zurückkehren lassen. (Prinzip des Schutzes und der Heilung von Ökosystemen)

Gehe beim Schutz und der Wiederherstellung der Natur weiter, als es das Gesetz fordert (Prinzip "Ethik übersteigt oft die Legalität")

Um übermäßiges Sterben von Menschen und anderen Wesen zu vermeiden, muß der Mensch übermäßige Geburten verhindern (Prinzip "Geburtenkontrolle ist besser als Sterbekontrollen")

Alles, was wir sind oder haben oder haben werden, kommt letztlich von der Sonne und der Erde. Die Erde kann auch ohne uns auskommen, aber wir nicht ohne die Erde. Eine erschöpfte Erde ist eine erschöpfte Ökonomie. (Prinzip des Primats der Erde "Respektiere deine Wurzeln")

Tue nichts, was das physische, chemische oder biologische Kapital der Erde erschöpft, weil es das Leben und unsere Aktivitäten ermöglicht. Ein Defizit der Erde ist das letzte Defizit. (Prinzip des ausgeglichenen Budgets der Erde)

Liebe deine Art und andere Arten heute und in Zukunft wie dich selbst (Prinzip der Liebe und des Schutzes der Arten).

Um die Erde und dich zu lieben, zu schätzen und zu verstehen, nimm dir die Zeit, um die Luft, das Wasser, den Boden, Pflanzen, Tiere, Bakterien und andere Teile der Erde direkt zu erfahren und zu fühlen. Nur aus Büchern, Fernsehen und Gedanken indirekt zu lernen ist nicht genug. (Prinzip "Direkte Erfahrung ist der beste Lehrer)

Lerne deinen lokalen Lebensraum kennen und liebe und lebe edel auf jenem Platz; gehe leichtfüßig über diese Erde. (Prinzip "Liebe deine unmittelbare Umgebung")